Am 3. März war das IIBA Germany Chapter zu Gast beim Bundesverband IT-Mittelstand. Im ganz neu gestalteten Open Space des GRÜN SOFTWARE HUB in der Aachener Pascalstraße kamen mehr als 20 Experten und Interessierte zum Thema agile Anforderungen im Mittelstand zusammen, um Wissen und Meinungen auszutauschen und Kontakte in der Business Analyse Community zu knüpfen und zu pflegen.
Dr. Oliver Grün als Vertreter des IT-Mittelstands arbeitete in seiner Eröffnungsrede heraus, dass agile Vorgehensweisen zwar weitest-gehend anerkannt und auch ohne Zweifel sinnvoll sind, die Herausforderung aber vor allem darin liegt, diese Vorgehensweisen im deutschen Mittelstand nachhaltig zu etablieren. Immer noch gibt es noch Vorbe-halte bei den Beteiligten, die bis dato mit Lasten – und Pflichtenheften gearbeitet haben und nun auf Feinspezifikationen ver-zichten müssen. Denn in agilen Projekten werden die Details von Lösungen üblicher-weise erst kurz vor der Iteration spezifiziert, in der sie entwickelt werden. Diese Aspekte bereiteten die Bühne für die beiden kommenden Impulsvorträge zu diesem Thema. Im direkt anschließenden Networking wurde in mehreren Gruppen angeregt diskutiert, sodass alle Teilnehmer mit Ihren Erfahrungen und Meinungen den nächsten Vortrag „Product Owner Skills jenseits von SCRUM – wie Vertreter des Fachbereichs IT Projekte erfolgreich machen können“ von Rainer Wendt erwarteten.
Noch bevor Herr Wendt das International Institute of Business Analysis, das Germany Chapter und auch sich selbst kurz vorstellte, lernten die Teilnehmer Mr. Super-PO kennen. Anhand dieser Figur – in Anlehnung an den Comic-Helden Superman – demonstrierte Wendt die vielen Aufgaben, die ein Product Owner in einem agilen Scrum Projekten wahrnehmen muss. Im Verlauf des Vortrages wurde deutlich, dass diese Rolle mit großer Sorgfalt besetzt werden muss, damit alle Beteiligten, auch und insbe¬sondere der Kunde bzw. der Fachbereich, die agilen Vorgehens-weisen aktiv unterstützen. Um die vielen kritischen Aufgaben im Bereich des Product Owners mit hoher Qualität erfüllen zu können, empfiehlt Wendt ein PO-Team, bestehend aus dem eigentlich Product Owner mit finaler Entscheidungsgewalt und einem Business Analysten, der die operativen Tätigkeiten wie die Erstellung von Anforderungen in Form von User Stories und Akzeptanzkriterien übernimmt. Im optimalen Fall gibt es auch einen Vertreter der Technik im PO-Team, um Machbarkeiten und technische Rahmenbe¬dingungen besonders schon früh im Projekt einfließen zu lassen.
Viele Zwischenfragen und Diskussionen aus dem Teilnehmerkreis waren ein eindeutiges Zeichen für das große Interesse an diesem Thema. Wendt schloss seinen Vortrag mit Aspekten zur Vertragsgestaltung in Projekten; neben den üblichen Werk- und Dienstleistungs-verträgen wurde an diesem Tag immer wieder die Variante „Agiler Festpreisvertrag“ diskutiert, mit der man die Vorteile des Festpreises mit den Vorteilen der Agilität vereinigt. Der letzte Vortrag des Tages unter dem Titel „Hybride Softwareentwicklungsprozesse – Wenn Änderungen von Anforderungen nichts kosten“ von Stephen Reindl, CTO Tideum Deutschland AG, griff genau dieses Thema auf. Herr Reindl hat in den letzten vier Jahren mit seinen Entwicklungsteams in einer Konstellation gearbeitet, in der Rahmenverträge die Komponenten Festpreis und agile Änderungen kombinierten. Er wies darauf hin, dass diese Verträge sehr genau geregelt sein müssen, und dass es auch hier einen Punkt gibt, wo grundsätzliche Änderungen des Scope eine Neu- bzw. Nachverhandlungen erforderlich machen. Im Laufe der jahrelangen Zusammenarbeit mit dem Kunden wurde so eine sehr produktive Zusammenarbeit erreicht, mit der alle Projekttermine gehalten werden konnten.
Damit schloss sich auch der Kreis, denn schon in der Eröffnung hatte Herr Dr. Grün den vielzitierten CHAOS Report aus dem Vortrag von Herrn Wendt thematisiert. Immerhin gab es 2014 neben den durchweg erfolgreichen und den gescheiterten Projekten noch bei über 50% der Projekte deutlich Abweichungen bei den Kosten, der Zeit oder der Qualität. Insofern werden agile Vorgehensweisen mehr und mehr zum Imperativ in der Softwareentwicklung und auch in anderen Projekten in mittelständischen Unternehmen, in denen es schwer fällt, alle Anforderungen vor dem Beginn der Umsetzung detailliert zu erfassen und zu dokumentieren.
Das IIBA Germany Chapter bedankt sich ganz herzlich bei Herrn Dr. Grün und seinem Team vom Bundesverband IT-Mittelstand für die Gastfreundschaft und die hervorragende Organisation der Veranstaltung.